· 

Das Erlebnis mit den Ajax-Stars

Von: Adrian Rehling

 

Marvin Höner steht auf einem Parkplatz in Bielefeld, als das Handy klingelt. Der damals 18-Jährige öffnet die SMS völlig nichts ahnend. Und plötzlich trifft ihn fast der Schlag: „Das Ding ist durch: Willkommen bei Ajax!“ Der Absender: Marc Overmars, 86-maliger Nationalspieler, eine Legende in den Niederlanden.

Für Höner begann daraufhin im Sommer 2013 ein völlig neues Leben. Von Arminia Bielefeld ging es für den gebürtigen Bielefelder nach Amsterdam. In der Hoffnung, den Durchbruch zu schaffen und eine große Fußball-Karriere zu starten. In der berühmten Ajax-Akademie De Toekomst, wo schon Superstars wie Zlatan Ibrahimovic, Wesley Sneijder und Dennis Bergkamp geschmiedet wurden. Höner erinnert sich: „Dort ist alles unfassbar professionell. Die Infrastruktur, die Fußball-Kultur, die Menschen. Bei Ajax wird nichts dem Zufall überlassen und der Fußball förmlich gelebt.“

VIER BEHANDLUNGEN BEI DR. MÜLLER-WOHLFAHRT

Der zweimalige deutsche U19-Nationalspieler galt als große Nachwuchshoffnung. Höner trainierte direkt nach seiner Verpflichtung bei den Profis mit, wurde in der Saison 2013/14 sogar für den Champions-League-Kader nominiert – verletzte sich aber bald. „Im Oberschenkel war im Prinzip alles durch, was durch sein kann“, erinnert sich der 24-Jährige. Mehrere Monate plagte sich der Stürmer mit der Verletzung herum, ehe er für gleich vier Termine in die Hände von Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt gegeben wurde.

Danach wurde es zwar kurzfristig besser mit den Verletzungsproblemen, für den ganz großen Sprung reichte es für Höner aber nicht mehr. Nach zwei Jahren Ajax war Schluss. Die Schnelligkeit, die ihn sonst so ausgezeichnet hatte, wollte nicht mehr so recht wiederkommen. Jetzt spielt er in der 6. Liga beim VfL Theesen in Nordrhein-Westfalen und verfolgt den Triumphmarsch seiner ehemaligen Kollegen aus der Ferne.

Viel kann er erzählen über die jungen Ajax-Wilden, die in Europa für Furore sorgen. Mit Torwart André Onana spielte er ebenso zusammen wie mit Joel Veltman, Lasse Schöne, Daley Blind oder auch Donny van de Beek. Eben jener van de Beek sorgte im Champions-League-Viertelfinale mit seinem 1:1-Ausgleich im Rückspiel dafür, dass Amsterdam schließlich keinen Geringeren als Cristiano Ronaldo und Juventus Turin aus dem Wettbewerb warf.

Höner sagt über die jüngsten Erfolge der Ex-Kollegen: „Den Jungs zuzuschauen macht Riesenspaß. Weil man weiß, wie sie ticken, wie sie drauf sind. Nämlich einfach cool und bodenständig. Deswegen habe ich mich total gefreut, dass sie gegen Juve gewonnen haben.“

„In jeder Minute ist die Leichtigkeit zu erkennen“

Ob auch ein wenig Neid mitspiele? Der Was-wäre-wenn-Effekt? „Es ist wirklich zu null Prozent so, dass man sagt: ,Ich müsste da jetzt stehen.‘ Bei mir sollte es halt einfach nicht sein, das habe ich auch recht schnell akzeptiert. Es überwiegt die Freude, dass diese Jungs es geschafft haben.“

Der Kontakt zu dem einen oder anderen bestehe noch: „Die tolle Zeit, die wir zusammen hatten, wird für immer in meiner Erinnerung bleiben. Es ist wirklich beeindruckend, wie das ganze System bei Ajax funktioniert. Die Atmosphäre. Das Klima. Das spiegelt sich alles auf dem Platz wieder. In jeder Minute ist diese spielerische Leichtigkeit zu erkennen, die immer wieder eingeflößt wird“.

Was Höner vor allem in Amsterdam gefallen habe, sei die „Freundlichkeit der Menschen“ gewesen. Als er frisch in den Niederlanden ankam, ging es erst einmal für drei Monate ins Hotel. In ein sehr gutes Hotel: „Eine irre Erfahrung. Aber mir hat der Kontakt zu anderen Personen gefehlt.“ Schulleiter Ger Boer – ein guter Freund von Trainerlegende Louis van Gaal – bot dann an, dass Höner vorübergehend bei ihm in der Familie wohnen könne. Dies klappte so gut, dass der Bielefelder blieb. Und zwar für die gesamte Zeit.

Eriksen der beste Fußballer, den Höner gesehen hat

Dennoch weiß der junge Vater (Sohn Mateo kam vor sieben Monaten auf die Welt) gar nicht so recht, wem er für das anstehende Duell im Champions-League-Halbfinale mit Tottenham Hotspur die Daumen drücken soll. Denn bei den Spurs stehen mit Toby Alderweireld und Christian Eriksen zwei Akteure im Kader, mit denen Höner ebenfalls in Amsterdam zusammen kickte. Und die auf ihn besonders großen Eindruck machten: „Christian ist unfassbar freundlich. Einer der nettesten Typen, die ich kenne. Und der vielleicht beste Fußballer, den ich je gesehen habe.“

Das Hinspiel am Mittwoch (20.45, WELT-Liveticker) wird der Bielefelder allerdings nur nebenbei verfolgen können. Am Samstag steht seine Abschlussprüfung der Industriekaufmannausbildung auf dem Programm. Während die ehemaligen Kollegen die Fußball-Welt erobern, sitzt Höner am Schreibtisch. Und fühlt sich gut dabei: „Ich bin sehr, sehr glücklich über die Erfahrungen, die ich machen durfte. Die Zeit als Fußballer hat mich enorm geprägt. Aber jetzt gilt es, im wahren Leben Fuß zu fassen.“

 

Quelle: https://www.welt.de/sport/fussball/article192425531/Ajax-Amsterdam-Marvin-Hoener-ueber-die-Zeit-in-der-Ajax-Akademie.html

Kontakt

VfL Theesen e. V.

Siegfriedstr. 50

33615 Bielefeld

vorstand@vfl-theesen.de

VfL Theesen unterstützen: